Märchenlesung zum Thema Geiz

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Humor zur seelischen Heilung - Mär­chen wer­den heiß dis­ku­tiert – Wei­ter geht es am 6. No­vem­ber

Heiß diskutiert und viel gelacht wurde bei „Märchen vorgelesen und bedacht“ im Rahmen des Mitterfelser Märchenjahrs im „Haus der Begegnung“ in Mitterfels.

Sigrid Hofmann las das Märchen „Der Geizhals“ aus der Sammlung von Alexander Nikolajewitsch Afanassjew (1826-1871) vor. „Um Christi willen“ fleht ein Bettler um Geld. Ein armer Mann schenkt ihm eine Kopeke, eine weitere leiht er einem Reichen, der angeblich kein Kleingeld bei sich hat. Als er sich seine Kopeke aber wieder abholen möchte, bekommt er sie nicht. Der Reiche drückt sich vor der Rückzahlung und geht dabei so weit, seinen eigenen Tod vorzuspiegeln.

Der Arme durchschaut das Spiel und spielt es derart erfolgreich mit, dass beide am Schluss zu viel Geld kommen. Doch auch da erstattet der Reiche dem Armen die Kopeke nicht, das Unrecht bleibt somit bestehen. Die Moral der Geschichte: was man anstrebt, wird nur teilweise erreicht, dafür aber stellen sich oft unerwartet und unverdient Vorteile ein. Herbert Becker, Rundfunk- und Buchautor, wandelte das Märchen vom „Rumpelstilzchen“ ab. In seiner Version kommt ein unbescholtener kleiner Mann einer Müllerstochter zu Hilfe, die Stroh zu Gold verspinnen soll. Als der Mann aber der inzwischen zur Gattin des Königs und zur Mutter gewordenen Frau übers Jahr einen Besuch abstattet, erntet er mitnichten Dank – vielmehr wird er bespitzelt und sieht sich bald darauf einer verleumderischen Medienkampagne ausgesetzt. Dass sein Name einer sensationsgierigen Öffentlichkeit preisgegeben wird, treibt ihn in den Selbstmord. Die zwei Brüder, die mit der Geschichte hohe Auflagen erzielt haben, bleiben ungeschoren.

Beckers Umgestaltung des „Rumpelstilzchen“ zog nicht zuletzt eine Diskussion über den verantwortungslosen Umgang mit Fakten nach sich, der harmlose Bürger als bedrohliche Gestalten erscheinen lässt. In beiden Geschichten spielt das Geld eine wichtige Rolle, in beiden werden menschliche Schwächen aufgezeigt, und bei beiden darf gelacht sowie gedacht werden. Humor – zu diesem Schluss kam die Gruppe von Märchenliebhabern – ist die Fähigkeit, trotz der Unebenheiten des Lebens gerne auf der Welt zu sein. Märchen haben in der Regel ein Happy End, verkörpern also das Prinzip Hoffnung – und heilen damit manche seelische Wunde. Am Dienstag, 6. November, geht „Märchen vorgelesen und betrachtet“ weiter, wiederum um 19.30 Uhr im Haus der Begegnung. Professor Dr. Karl Hausberger und Wolfgang Hammer werden dann jeweils ein Märchen zum Thema „Religion“ vortragen.

Bericht und Bild : erö (SR-Tagblatt, 23.10.18)