Kinderhilfe Nepal-Mitterfels mit wirksamen Initiativen

Essen und Unterricht auch für die Jüngsten - Kinderhilfe Nepal-Mitterfels eine von zwei wirksamen Initiativen – Kaum staatliche Hilfen

Anfang des Jahres 2015 bebte in Nepal die Erde gewaltig. Tausende Menschen verloren ihr Leben und Abertausende Hab und Gut.

In einer großen Welle der Hilfsbereitschaft und Solidarität leisteten internationale Hilfsorganisationen, aber auch die internationale Staatengemeinschaft Ersthilfe. Seit zehn Wochen arbeitet die Landshuterin Elisabeth Gersitz in Rasuwa, Langtang, Region in Nepal, in den Ausbildungscamps für „displaced families“. Nun bekommt sie Unterstützung von Anne Götz aus Neukirchen und Hannah Eikmeyer aus Steinach (siehe weiteren Bericht auf dieser Seite), die für fünf Monate nach Nepal gegangen sind, um dort zu arbeiten.

Wie aber sieht es inzwischen aus ? Ist etwas von Wiederaufbau und Aufbruch zu spüren? Die im folgenden beschriebenen Eindrücke beziehen sich nur auf das Tal des Trisuli, der sich von der chinesischen Grenze nördlich von Kathmandu her kommend nach Süden windet. Entlang dieses Flusses und der Hauptverbindung nach China reihen sich größere und kleinere Camps, in denen die „displaced people“ – in unserem Sprachgebrauch würde man von Binnenflüchtlingen sprechen – in Wellblechhütten, den Shelters, leben.

Schulprogramm entwickelt

Eine Gruppe nepalesischer Ersthelfer, die Quick Volunteers, war überzeugt, dass längerfristige Angebote die Situation der Flüchtlinge, besonders aber deren Kinder, verbessern könnte, und entwickelte ein Schulprogramm. Es sieht vor, dass Kinder aus gesellschaftlichen Randgruppen – in diesem Fall der Ethnie der Tamang – vor und nach ihrem täglichen Unterricht in der Regierungsschule in altersgemischten Klassen durch ausgebildete Lehrer in den Kernfächern Nepali, Mathematik, Science, Social und Englisch unterrichtet werden.

Da die Schulbildung in den Herkunftsdörfern in dieser abgelegenen Region für marginalisierte Gruppen als nicht hervorragend gilt, ist den Quick Volunteers daran gelegen, durch ihr Angebot den Schülern den Anschluss an ein nationales Niveau zu ermöglichen. Sie gewannen hierfür einen deutschen Sponsor, die Kinderhilfe Nepal-Mitterfels, die die finanzielle Grundlage für dieses Vorhaben zur Verfügung stellt.

In dieser Kooperationsgemeinschaft wurde nun an zwei Orten am Trisuli das Projekt installiert, wobei neben dem Suchen und Einrichten der Schulshelter und dem Gewinnen von Lehrern die Überzeugungsarbeit bei den Eltern ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit war und auch immer noch ist, denn wer hat den Kopf frei für Bildung, wenn der tägliche Existenzkampf die ganze Aufmerksamkeit erfordert und jede Hand – auch die der Kinder und Jugendlichen – benötigt wird, das Überleben zu sichern?

An diesen beiden Projektorten sind die Bedingungen für die Familien, aber auch für die Helfer sehr unterschiedlich. Als Erstes wurde vor einem Jahr das Projekt in Betrawati in zwei Camps installiert. Der Ort liegt auf nur 600 Metern, mutet subtropisch an und ist landwirtschaftlich bedeutsam. Dies ermöglicht, dass die Campbewohner in der Landwirtschaft am Ort oder der näheren Umgebung ihren Lebensunterhalt verdienen können.

Die Großelterngeneration beklagt allerdings die Langeweile, denn in ihren ursprünglichen Dörfern konnten sie sich in Haus und Hof nützlich machen. Für die Bewohner dieser beiden Camps gibt es keine Möglichkeit mehr, in ihre früheren Dörfer zurückzukehren, da das Ausmaß der Zerstörung die Regierung veranlasst hat, diese Region aufzugeben. Allerdings gibt es bislang aber auch keinerlei Pläne vonseiten der Regierung, wie und wo die Flüchtlinge und mit welcher finanziellen Unterstützung sie wieder Land erwerben und ihre Zukunft gestalten können.

Für die Arbeit der Mitarbeiter der beiden NGOs heißt dies, täglich zwischen den zwei Camps, die etwa 20 Minuten auseinander liegen, getrennt durch Wald und Terrassenfelder, morgens und abends mehrmals hin und her zu laufen zum Unterrichten in den verschiedenen Schulshelters und um nach dem Rechten zu sehen. Im Augenblick sinken auch in dieser Gegend die Temperaturen und so schleppten die Mitarbeiter in voluminösen Paketen Sitzkissen und Decken für die Unterrichtsräume heran, zur Freude der Kinder. In der gegenwärtigen trockenen Jahreszeit sind die Wegstrecken kein Problem, wohl aber während des Monsuns, da die Wege überwiegend aus gestampftem Lehm bestehen wie auch die Böden in den Shelters.

Auf fast 2 000 Höhenmetern

In Dhunche, dem zweiten Projektort, der auf 1 900 Metern liegt, sind die Gegebenheiten ganz anders. Im vergangenen Juli wurden dort in vier Camps Schulshelter in Betrieb genommen. Wegen der Entfernung und Abgeschiedenheit ist es hier sehr viel schwieriger, gute Lehrer zu gewinnen. Die Camps liegen zum Teil eine halbe Stunde und viele Höhenmeter auseinander. Schulmaterial oder auch Bücher für die Bibliothek können nur zu Fuß an den Bestimmungsort gebracht werden. Die Höhenlage stellt aufgrund der morgendlichen beißenden Kälte in den Schulshelters für Kinder und Lehrer eine besondere Herausforderung dar. Nicht umsonst beginnt die Schule in Nepal erst um 9.30 Uhr.

Die hier lebenden Flüchtlinge sehen auf der anderen Seite des Trisuli ihre ursprünglichen Dörfer und ihre bewirtschafteten Flächen. Sie können den Weg dorthin aber nur zu Fuß bewältigen, das heißt etwa 1 300 Meter zum Fluss hinabsteigen und ebenso hoch wieder hinauf. In ihren Dörfern lohnt der Wiederaufbau, was die Regierung befürwortet und auch finanziell unterstützen möchte. Und so geschah es, dass nach den Herbstferien, in denen die Familien zur Ernte nach Hause gegangen waren, plötzlich viele Familien und ihre jüngeren Kinder nicht mehr wiederkamen. Zurück blieben einige wenige Familien, aber vor allem viele größere Kinder, die von den Eltern alleine in den Camps gelassen wurden, damit sie die Schule besuchen können.

Auf diese veränderte Situation wurde schnell mit der Schließung von zwei der vier Camps reagiert. Für die größeren Kinder gibt es nun vormittags ein Lunch, bestehend aus dem landesüblichen Dhal Bhat (Linsen mit Reis). Und um die Kälte ein wenig zu mildern, hat in einer riesigen Aktion einer der Mitarbeiter in Kathmandu für 85 Kinder Mützen, Handschuhe, Socken und Jacken gekauft, passend zur Schuluniform.

Parallel zum Unterricht gibt es jeweils einmal pro Monat ein Youth Motivation Camp (YMC) für alle Schüler. Ziel ist es zu motivieren, an dem Angebot von Kinderhilfe Nepal-Mitterfels und Quick Volunteers weiterhin regelmäßig teilzunehmen, das im Unterricht gelernte Wissen in Wettbewerben und besonderen Aufgabenstellungen zutage zu bringen, aber auch kreative Tätigkeiten und Spiel haben hierbei Raum. Im Augenblick wird über Möglichkeiten nachgedacht, Lehr- und Lernmethoden zu verbessern und die Lehrer zusätzlich zu qualifizieren. Dass das Projekt aber insgesamt auf einem guten Weg ist, zeigt sich an den sich in einem Aufwärtstrend befindenden Ergebnissen der monatlichen Tests.

Volunteers bewirken etwas

Um noch einmal zur Ausgangsfrage zurückzukehren, ob ein Wiederaufbau nach dem Erdbeben erkennbar sei, lässt sich für diese Region sagen, dass es Initiativen wie die Kinderhilfe Nepal-Mitterfels und die Quick Volunteers gibt, die in die Zukunft denken und etwas durchaus erfolgreich in einem kleinen Rahmen bewirken. Von staatlicher Unterstützung ist kaum etwas zu sehen und zu erfahren. Nach der staatlichen Ersthilfe von 15 000 Rupien für jeden Haushalt als Unterstützung beim Aufbau von Shelters – eine Vielzahl von Shelters entstand überdies mithilfe privater Spenden – wurden noch 50 000 Rupien zur Gründung einer Existenz zugesagt, was vor allem die Campbewohner in Betrawati betrifft. Da aber alle Tamang Bauern sind und ihnen bislang kein neuer Grund zugewiesen wurde, den sie erwerben könnten, sehen sie einer völlig offenen und unsicheren Zukunft entgegen. Das Leben in den Camps wird häufig zur Gewohnheit werden. Die Nepali sind geduldig im Ertragen widriger Gegebenheiten. Nach westlichen Maßstäben hätten Aktionismus und Aktivitäten bereits längst nach Möglichkeiten zur Veränderung der Situation gesucht und sie sicher auch gefunden.

Elisabeth Gersitz

Bogener Zeitung 14.01.2017

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