Das Gnadenbild „Mariahilf“ von Lucas Cranach und seine Verehrung in Ostbayern

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Kaum ein Marienbild ist in Süddeutschland und im Alpenraum verbreiteter und bekannter als dieses Werk von Lucas Cranach dem Älteren (1474-1553). Es gilt als „das am weitesten verbreitete Gnadenbild der gesamten Christenheit“ (Festschrift zur 350-Jahrfeier des Domes in Innsbruck).  In zahlreichen Kirchen findet man heute Kopien dieses Bildes.


In unserer Gegend stehen bedeutende Nachbildungen auch im Zentrum von Wallfahrten, so in den Wallfahrtskirchen  Maria-Hilf in Amberg und in Neumarkt in der Oberpfalz, auf dem Kreuzberg in Schwandorf und vor allem in Passau. Ziemlich an das Original hat sich der Künstler bei der Kopie des Chamerauer Gnadenbildes gehalten. Im Gegensatz zu anderen Kopien wird die Idylle durch nichts gestört, durch keine Engel, keine Wolken und vor allem keine Kronen. Maria ist eine ganz normale Frau. Sie ist nicht als Himmelskönigin dargestellt.

 

Unverständnis für Maria als einfach Frau

Das haben vor allem barocke Kopisten nicht verstanden und dem Jesuskind und der Maria Kronen aufgesetzt,  wie in Amberg. In Chamerau hat sich der Künstler sogar an den Schleier vor das Gesicht der Maria gewagt. Dieser  Schleier hat so manchen Kopisten zur Verzweiflung gebracht. Einen transparenten Schleier zu malen erfordert eine spezielle Maltechnik, die Lucas Cranach meisterlich beherrschte. Viele seiner Frauengestalten tragen durchsichtige Schleier. Auch im Zentrum des Hochaltares der Markt Eisensteiner Pfarrkirche steht eine Kopie dieses Maria-Hilf-Bildes.

MariahilfPassau MadonnaChamerau

Es wird dem Pilsener Künstler Adalbert Staubmann  zugesprochen. Auffällig bei diesem Marienbild sind die gekrönten Häupter,  und Perlenarmbänder schmücken die mütterlichen Hände. Auch die Blickrichtung des Kindes hat sich verändert. Eine alte Eisensteinerin soll zu ihrem Enkel gesagt haben: „Der Blick Mariens geht abwärts zu uns Betenden, die Hilfe suchen. Ihr Antlitz strahlt große Güte aus. Wenn Du zu ihr betest, hilft sie auch Dir, so wie sie uns in Eisenstein und auch nach der Vertreibung geholfen hat“ (F. Wudy).

Das Eisensteiner Gnadenbild hatte eine große Verehrung. Aus der weiten Umgebung kamen die Wallfahrer. Schon in den ersten sieben Jahren nach der Weihe im Jahre 1733 konnten 300 Fälle der Wundertätigkeit Mariens in das Eisensteiner Gnadenbuch aufgenommen werden. Vielen bekannt ist auch das Mariahilf-Kirchlein bei Lam auf dem Weg zum Osser.  Eine Kopie des Cranachbildes ist der Mittelpunkt des Hochaltars.

Lucas Cranach war ein Zeitgenosse und Freund von Martin Luther. Er malte dieses Bild für die Heiligkreuzkirche in Dresden. Es gilt als ein "reformiertes Marienbild" - ganz ohne Schnick Schnack, eine einfache Frau mit einem herzigen Kind, die in Zärtlichkeit einander zugewandt sind. In der

Eisenstein

Bilderfeindlichkeit der Reformation kam  das Cranachsche Marienbild  deshalb  aus der Kirche in die Gemäldegalerie des sächsischen Kurfürsten nach Dresden.

Der Habsburger Erzherzog Leopold V., zugleich Fürstbischof von Passau und  Bruder von Kaiser Ferdinand II, kam 1611 in diplomatischer Mission nach Dresden. Der Kurfürst von Sachsen Johann Georg und sein Gast besuchten die Gemäldegalerie. Fürstbischof Leopold erbat sich als Geschenk das Marienbild. So kam das Cranach-Gemälde in die Hofkapelle der fürstbischöflichen Residenz von Passau.

Als Leopold als Erzherzog von Tirol 1625 nach  Innsbruck  kam, nahm er das Cranach-Gemälde mit. Eine von dem  Hofmaler Pius angefertigte Kopie kam in eine  über der Stadt Passau 1622 errichtete Holzkapelle. Das Original ist seit 1650 Altarbild der  Innsbrucker Pfarrkirche St. Jakob, dem jetzigen Dom. Dort ist es heute zu bewundern.

Doch nicht das Originalbild, sondern die Passauer Kopie wurde zum Kultbild einer weltweiten Verehrung. Der Wallfahrtsort Mariahilf in Passau genoss weitum einen großen Ruhm und spielte vor allem gegen Ende des 17. Jahrhunderts angesichts der Bedrohung Wiens durch die Türken eine wichtige Rolle. „Mariahilf“ wurde der Schlachtruf im Kampf gegen die Osmanen, die am 12. September 1683 am Kahlenberg bei Wien  vernichtend geschlagen wurden. Kaiser Leopold I., der mit  Familie, Hofstaat und Botschaftern seit dem  17. Juli 1683 in Passau in der Residenz des Fürstbischofs wohnte,  wallfahrtete täglich nach Mariahilf und betete vor dem Gnadenbild.

Eine besondere Nachbildung des Marienbildes finden wir in Warschau. Eine lebensgroße Marienfigur mit dem Jesuskind auf dem rechten Arm steht an einer belebten Straße nahe dem königlichen Schloss. In die Säule ist deutlich „Madonna di Passavia“ eingemeißelt. Es handelt sich also um die Maria-Hilf- Madonna vom Passauer  Mariahilfberg, das weitberühmte Gnadenbild in einer seltenen plastischen Version.




Quellen: Häupler und Wudy: Dorf und Markt Eisenstein (2005), Lindberg


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